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Frauenfußball neu denken: Athletiktraining & Verletzungs-prävention müssen spezifisch sein – nicht „angepasst“

Aktualisiert: 21. Mai


Der Frauenfußball hat sich in den letzten Jahren massiv weiterentwickelt – technisch, taktisch und physisch. Gleichzeitig bleiben die Verletzungszahlen auf alarmierend hohem Niveau, insbesondere bei Kreuzbandrissen.

Als Athletiktrainer sehe ich in der Praxis regelmäßig:Das klassische „Männer-Trainingskonzept“ wird auf Frauen übertragen – ohne Rücksicht auf Biomechanik, hormonelle Einflüsse oder neuro-muskuläre Unterschiede.


Dieser Artikel gibt einen fachlich fundierten Überblick über:

  • spezifische Risikofaktoren im Frauenfußball

  • notwendige Trainingsschwerpunkte

  • und konkrete Maßnahmen zur Verletzungsprävention & Leistungssteigerung



Verletzungsprofil im Frauenfußball


Die mit Abstand häufigste schwere Verletzung bei Fußballerinnen ist der Riss des vorderen Kreuzbands (ACL). Studien zeigen:

  • Frauen sind 4–6x häufiger betroffen als Männer

  • Häufige Begleitverletzungen: Meniskus, Innenband, Knorpelschäden

  • Weitere typische Beschwerden: Sprunggelenksinstabilität, Patellaspitzen-Syndrom, LWS-/Hüftdysbalancen



Warum ist das so?


Multifaktorielle Ursachen:

  • Q-Winkel & Beckenform → ungünstigere Beinachse

  • geringere Gluteus-Aktivierung → instabile Hüftkontrolle

  • hormonelle Schwankungen (z. B. Relaxin) → höhere Gelenklaxität (besonders in der Ovulationsphase)

  • weniger neuromuskuläre Vorerfahrung → schlechtere Sprung- und Landetechnik



Unterschiede Männer vs. Frauen – biomechanisch & athletisch

Aspekt

Männer

Frauen

Becken-/Knieachse

stabiler, Q-Winkel geringer

valgusanfällig, höhere ACL-Belastung

Muskelprofil

mehr Explosivkraft (typisch)

mehr quadriceps-dominant

Rumpfstabilität

funktionell ausgeglichener

oft schwächere Core-Integration

Hormonsystem

stabiler (Testosteron)

zyklusabhängige Laxität/Regeneration

Krafttrainingerfahrung

früh & regelmäßig (meist ab U13)

oft verspätet & unsystematisch

Fazit: Athletiktraining für Fußballerinnen kann nicht einfach eine „abgeschwächte“ Version des Männertrainings sein. Es braucht eigene Konzepte, gezielte Reize – und präventive Strategien, die biomechanisch greifen.



Zentrale Trainingsinhalte für Fußballerinnen


1. Neuromuskuläre Kontrolle & Gelenkstabilität


  • Fokus auf Knie- und Sprunggelenkachsen

  • Landungskontrolle (Drop Jumps, Drop-Landings)

  • einbeinige Sprung-/Stabilitätsübungen


2. Hip Control & Gluteus-Aktivierung


  • gezielter Aufbau von Gluteus medius & minimus

  • Mini-Band Drills, Side Planks + Abduktion, Clamshells, Step Downs


3. Rumpfstabilität (Core/Trunk Integration)


  • nicht isoliert, sondern funktionell dynamisch

  • Anti-Rotation (z. B. Pallof Press), Trunk Rotation in Split Position



4. Krafttraining – systematisch & zyklusangepasst


  • Progressive Overload – auch bei Frauen wichtig

  • Fokus auf hintere Kette (Hamstrings, Glutes)

  • Zyklusphasen nutzen, z. B.:

    • Follikulärphase = kraftfähig, geeignet für Maximalreize

    • Ovulation / Lutealphase = vermehrt Fokus auf Technik, Bewegungsqualität, Reduktion unkontrollierter Sprünge



5. Präventionsprogramme – integriert im Training


  • z.B. FIFA 11+ (mit Modifikationen)

  • PEP-Programm (Propriozeption, Core, Plyos)

  • Einbindung ins Aufwärmen: regelmäßig, nicht optional



Monitoring & Individualisierung


Ein standardisiertes Teamprogramm reicht nicht – was es braucht, ist:

  • Einzelfallscreening:Bewegungsmuster analysieren (FMS, Drop Jump Analysis, Einbein-Landungen)

  • Regelmäßiges Kraftmonitoring:z. B. Hamstring-Testing (Nordic Curl), CMJ, RFD (wenn möglich)

  • Zyklusmonitoring:respektvoll, transparent, freiwillig – aber sinnvoll



Was Trainer*innen & Athletikcoaches beachten sollten


Fußballerinnen brauchen ein eigenständiges Athletikkonzept. Punkt.Wer nur ein „leicht reduziertes Männertraining“ fährt, wird:

  • Verletzungen nicht verhindern

  • Potenziale verschenken

  • und falsche Belastungsspitzen setzen


Empfehlungen:

  • Krafttraining ab U15 systematisch einführen

  • Athletikanteil im Training erhöhen (min. 2 Einheiten/Woche)

  • Trainer*innen & Athletikteam eng abstimmen

  • Spielerinnen früh aufklären: „Wissen über den eigenen Körper = verletzungspräventiv“



Fazit


Frauenfußball hat andere Anforderungen – und braucht andere Lösungen.Wer biomechanische, hormonelle und trainingsmethodische Unterschiede ignoriert, riskiert nicht nur Ausfälle, sondern bremst Entwicklung.

Ein fundiertes Athletiktraining, das Bewegungsqualität, Kraftentwicklung und zyklusbasierte Planung kombiniert, ist der Schlüssel – nicht nur zur Prävention, sondern zur nachhaltigen Leistungsentwicklung.



Du betreust Fußballerinnen im Leistungsbereich – oder bist selbst Spielerin und willst gezielt an dir arbeiten?


Dann melde dich gerne bei mir für ein persönliches Gespräch oder eine Trainingsberatung:


🎯 Gemeinsam holen wir mehr aus deinem Körper, deinem Spiel – und deiner Athletik heraus.

 
 
 

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